Stellungnahme LUR Revision Volksschulverordnung
LUR kann Landratsentscheid nicht nachvollziehen
Im September 2022 hat das Urner Stimmvolk das neue Bildungsgesetz mit deutlicher Mehrheit angenommen und damit den Grundstein für eine qualitativ hochwertige Bildung an den Urner Volksschulen gelegt. Basierend darauf wurde die bestehende Volksschulverordnung revidiert und in eine breit abgestützte Vernehmlassung gegeben. Dem entsprechenden Vernehmlassungsbericht war zu entnehmen, dass die vorgeschlagene Senkung der maximal zulässigen Abteilungsgrössen (Artikel 9) bei praktisch allen Gemeinderäten, im Unterschied zu den anderen Vernehmlassungsteilnehmenden, auf Widerstand gestossen ist. Unbestritten waren indes auch bei den Gemeinderäten die steigenden Herausforderungen an die Lehrpersonen und an die Schule und – damit verbunden – der Bedarf an zusätzlichen Ressourcen. Dieses Anliegen griffen der Erziehungsrat und der Regierungsrat auf, indem sie anstelle der Reduktion der Abteilungsgrössen eine flexible Lösung vorschlugen, die mehr Ressourcen für grosse Abteilungen schafft und keine infrastrukturellen Kosten zur Folge hat. Konkret sollten einklassige Abteilungen ab einer Grösse von 21 sowie zwei- und mehrklassige ab einer Grösse von 19 Schülerinnen und Schülern mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet werden. Für die Lehrerinnen und Lehrer Uri (LUR) und den Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Uri (VSL) ein pragmatischer Vorschlag, welcher die verschiedenen Vernehmlassungsantworten angemessen berücksichtigt und eine qualitativ hochwertige Bildung auch in höher dotierten Klassen gewährleistet hätte.
Weshalb der Landrat an seiner Sitzung vom 24. April 2024 dem Vorschlag der Regierung nicht gefolgt ist und entgegen der vorberatenden Bildungs- und Kulturkommission des Landrates den entsprechenden Artikel mit einer «Kann»-Formulierung in eine Empfehlung abgeschwächt hat, ist für den LUR und den VSL nicht nachvollziehbar. Die Urner Volksschule hat schweizweit ein vergleichsweise schlechtes Betreuungsverhältnis. Gleichzeitig hat Uri eine der tiefsten Separationsquoten, was bedeutet, dass in den Klassen viele Kinder mit besonderem Förderbedarf unterrichtet werden. Mit dem Vorschlag des Regierungsrates hätten der Betreuungsschlüssel verbessert und die Schülerinnen und Schüler trotz stetig heterogener werdenden Abteilungen weiterhin optimal gefördert werden können. Die «Kann»-Formulierung führt nun zu einer Chancenungleichheit im Kanton Uri. Ressourcenstarke Gemeinden werden die Vorgabe bestenfalls umsetzen, ressourcenschwächere Gemeinden hingegen nicht. Dies wird zu einer ungleichen Ausbildungsqualität bei den Urner Kindern führen und in Zeiten des Lehrermangels den Wettbewerb um Lehrpersonen auch innerhalb des Kantons unnötig anheizen. Dies darf nicht sein.
Weiter hat der Landrat am 24. April 2024 beschlossen, der Lehrpersonenvertretung im Erziehungsrat nur noch eine beratende Funktion zuzuteilen. Diese Herabstufung – von einem Mitglied des Erziehungsrats zu lediglich noch einem Gaststatus – ist für den LUR und den VSL unbegreiflich. Der Antrag erfolgte kurzfristig und ohne vorgängige gründliche Recherche. Mit der Herabstufung werden eine jahrzehntelange bewährte Regelung und Praxis grundlos in Frage gestellt.
Die neue Volksschulverordnung sollte wie das neue Bildungsgesetz zukunftsorientiert zu Gunsten unserer Kinder und Jugendlichen sein. Aus Sicht des LUR und des VSL hat es der Urner Landrat verpasst, die Rahmenbedingungen für eine qualitativ hochwertige Bildung an den Urner Volksschulen nachhaltig zu stärken. Diese Entwicklung betrachten der LUR und der VSL mit Sorge, zumal unsere umliegenden Kantone im Bildungsbereich aufrüsten. Der Kanton Uri muss aufpassen, bildungspolitisch nicht ins Hintertreffen zu geraten. Es ist davon auszugehen, dass Uri künftig bei den Löhnen mit vielen Kantonen nicht mithalten kann. Um genügend ausgebildete und motivierte Lehrpersonen zu gewinnen, sind nebst dem Lohn gute Rahmen- und Anstellungsbedingungen wettbewerbsentscheidend. Durch die Zustimmung zum Vorschlag des Erziehungsrats und des Regierungsrats hätte der Landrat nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber den Lehrkräften und Schulleitungen gesetzt, sondern auch betont, wie wichtig ihm optimale Voraussetzungen für eine erstklassige Bildung unserer Lernenden in der Volksschule sind.
Die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Schulleiterinnen und Schulleiter setzen sich weiterhin mit grossem Effort für eine qualitativ hochwertige Urner Volksschulbildung ein. Aus Sicht des LUR und des VSL gilt es, in den im Nachgang zur Revision der Volksschulverordnung erforderlichen Anpassungen der verschiedenen Rechtserlasse die bestehenden Rahmenbedingungen zu optimieren und zum Wohle der Urner Schülerinnen und Schüler zukunftsorientiert auszugestalten.
Sepp Wipfli, Präsident Lehrerinnen und Lehrer Uri (LUR)
Flavio Müller-Huber, Präsident Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Uri (VSL)